Offene Hydrokulturysteme sind beim Anbau verwendete Einwegsysteme, die genau das tun, was sie besagen: Die Nährlösung fließt nur einmal an den Wurzeln entlang und wird danach sofort abgeleitet. Dieses System ist der Natur nachempfunden, wo Niederschlagswasser permanent durch das Bodenprofil in den Unterboden sickert. Für Pflanzen, die sich unter derartigen Bedingungen entwickelt haben, ist es das einzige natürliche Anbauverfahren.
In der Natur sickert Wasser in die Wurzelzone und läuft ab, sobald der Boden einen bestimmten Sättigungsgrad erreicht hat. Dies ist zum Beispiel bei Kulturpflanzen der Fall, die von oben bewässert werden. Bei Containerkulturen funktioniert es genauso, wenn Wasser von oben zugeführt wird. Auch bei Wasserpflanzen, die in fließenden Gewässern wie Bächen, Flüssen und Küstengewässern wachsen, erfolgt die Bewässerung nach diesem Prinzip.
Mit anderen Worten: Offene Hydrokultursysteme sind nichts anderes als eine spezifische Art der Bewässerung, die jedoch eine zweite Funktion erfüllen. Sie können die von der Pflanze benötigten Nährstoffe mit dem fließenden Wasser zu den Wurzeln transportieren, wo sie in der Folge entweder von den Wurzel aufgenommen oder im Wurzelsystem gespeichert werden.
Massenfluss
Selbst wenn die Substratmischung Trockendünger enthält, kann dieser im Wasser gelöst und den Pflanzen zugeführt werden, und zwar durch einen Prozess, der als Massenfluss bezeichnet wird. Diese Art der Nährstoffanlieferung entspricht der Art und Weise, wie Wasser dem Wurzelsystem zugeführt und danach entsorgt wird. Das Wasser fließt durch das Anbaumedium (Torf, Steinwolle, Ton und sogar Luft), liefert die Nährstoffe ab, während es gleichzeitig Überschüsse permanent aus dem System ableitet.
Auch wenn das Wasser keine Nährstoffe enthält, bleiben die im Wasser vorhandenen Substanzen zurück, da Wasser nie absolut rein ist. Neben offenen Hydrokultursystemen gibt es auch rezirkulierende Systeme, bei denen das Drainwasser aus dem Wurzelbereich aufgefangen und in ein Nährstoffbecken zwecks Wiederverwendung zurückgeleitet wird.
Beide Systeme sind einfach und effektiv und bieten viele Anwendungsmöglichkeiten.
Grundlegendes zu Bewässerung und Fertigation
Bewässerung ist die Versorgung des Kulturlandes mit Wasser. Es gibt viele Bewässerungsmethoden: von Hand, mit Hilfe eines automatisierten Systems oder durch natürlichen Niederschlag. Die Wahl der Methode hängt von den jeweiligen Anforderungen und dem Budget ab. Automatisierte Systeme können sehr kostspielig sein, während eine natürliche Bewässerung große Risiken birgt. Alle Methoden haben jedoch eines gemein: Sie alle versorgen das Wurzelsystem mit ausreichend Wasser.
Fertigation bezeichnet das Ausbringen von flüssigen oder wasserlöslichen Düngern über ein Bewässerungssystem. Sie ist ein einfaches und kostengünstiges Verfahren zur präzisen Düngerdosierung. Bei der Fertigation erfolgt die Bewässerung gleichzeitig mit der Düngung, wobei die Nährstoffe witterungsunabhängig und punktgenau auf das Vegetationsstadium abgestimmt ausgebracht werden. Im Wesentlichen gibt es zwei Arten der Fertigation: die periodische und die kontinuierliche Fertigation.
Bei der periodischen Fertigation wird nur einmal über das Bewässerungssystem Dünger ausgebracht und danach in bestimmten Intervallen nur Wasser verabreicht. Diese Methode eignet sich nur für Substrate, die Nährstoffe speichern und nach und nach an das Anbaumedium abgeben können. Mit anderen Worten: für organische Substrate. Diese verfügen über eine Pufferkapazität, das heißt, dass sie Nährstoffe je nach Bedarf binden und lösen. Bei Anwendung dieser Methode dauert es länger, bis die verfügbaren Nährstoffe im Substrat aufgebraucht sind. Allerdings sind höhere Nährstoffkonzentrationen erforderlich, damit die Pflanze den Zeitraum, in dem keine zusätzlichen Düngemittelgaben erfolgen, gut übersteht. Eine Zeit lang kommt es zu daher einer suboptimalen Nährstoffversorgung.
Kontinuierliche Fertigation bedeutet, dass bei jedem Bewässerungszyklus Dünger zugeführt wird. Dieses Verfahren kann bei jedem beliebigen System und Substrat verwendet werden. Die Vorteile sind niedrigere Nährstoffkonzentrationen und kürzere Zeiträume, in denen die Düngermenge suboptimal ist. Das Pflanzenwachstum wird weniger durch eine verminderte Verfügbarkeit der für die Pflanze essentiellen Nährstoffe beeinträchtigt.
Zwei Anbausysteme: offen oder geschlossen
Pflanzen wachsen grundsätzlich entweder in Einweg- oder Kreislaufsystemen. Einen anderen Weg, sie mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen, gibt es nicht. Zwar gibt es Mischsysteme, die sich nur schwer in die eine oder andere Kategorie einteilen lassen, aber im Grunde sind auch sie nichts anderes als Hybriden aus beiden Systemen. Zu diesen Hybriden gehören das Ebbe- und Flutsystem, die Aeroponik (Versorgung über die Luft) und die Aquaponik (Tiefwasserkultur). Aeroponische Systeme werden als Kreislaufsystem eingestuft, wenn die überschüssige Nährlösung erneut der Pflanze zugeführt wird, und als Einwegsystem, wenn dies nicht der Fall ist. Bei der Tiefwasserkultur hängt es von der Größe und Art des Systems sowie von der Zahl der darin kultivierten Pflanzen ab, ob man sie als rezirkulierend bezeichnen würde oder nicht. Ebbe- und Flutsysteme wiederum würde man eher zu den Einwegsystemen zählen, da das Wasser in der Säule nach oben steigt und dabei Nährstoffe und überschüssige Salze zum oberen Ende der Säule transportiert und dort zurücklässt, während es bis zur nächsten Flutung wieder in den Tank zurückfließt und beim Rückfluss einen Teil der Salze verteilt.
Einwegsysteme kommen sowohl in der Natur als auch im Gartenbau am häufigsten vor. Dabei stehen dem Gärtner zwei Anbauverfahren zur Auswahl: der Anbau in einem organischen Substrat (z. B. Erde) oder in Hydrokultur. Nur weil der Dünger in einer wässrigen Lösung zugeführt wird, heißt das noch lange nicht, dass es sich dabei um eine Hydrokultur handelt. Beim hydroponischen Anbau müssen die Nährstoffe über eine wässrige Lösung entweder direkt in der Lösung oder in einem inerten Substrat wie Ton, Kies, Perlit, Sand, Mineralwolle oder einem anderen Material, das keinen Einfluss auf die Nährstoffe oder Pflanzen hat, zugeführt werden. Bei den hydroponischen Verfahren unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Wenn die Pflanzen in einem organischen Bodenersatzstoff oder in Mineralerde kultiviert werden, kann man nicht mehr von Hydrokultur sprechen.
Substrate, wie z. B. Mineralerde oder erdlose Anbaumedien, üben einen mehrschichtigen Effekt auf die Pflanzen und Nährlösung aus, während sich der Einfluss bei hydroponischen Verfahren auf die Nährlösungbeschränkt. Diese Substrate wirken sich auf verschiedene Aspekte,wie z. B. den pH-Wert, die Nährstoffspeicherung und -abgabe sowie die Wasserspeicherkapazität, aus.
Der Einfluss dieser Variablen ist nur schwer vorherzusagen, zu ändern oder auszugleichen, da bereits geringfügige Veränderungen der Temperatur, Bewässerungsfrequenz oder des Zeitpunkts der Düngermittelgabe Folgen haben können.
Überwachung der Systeme
Bei der Hydrokultur gilt es, verschiedene Wasserparameter genauestens zu überwachen und zu steuern, um optimale Resultate zu erzielen. Variablen wie die Temperatur der Nährlösung oder die Aufnahme bestimmter Nährstoffelemente müssen ständig im Auge behalten werden. In organischen Substraten werden diese Faktoren in stärkerem Maß durch das Substrat selbst reguliert, darunter durch Pufferung des pH-Werts, geringere Temperaturschwankungen, die Porosität für die Sauerstoff- und Wasseraufnahme und die kontinuierliche Versorgung mit Nährstoffen.
Auch die Struktur der Wurzeln ist von ausschlaggebender Bedeutung, da sich die Wurzeln in Hydrokultursystemen anders als in Substratkulturen entwickeln. Obwohl es sein kann, dass beide Wurzeln in einem Substrat wachsen, gehen inerte Substrate definitionsgemäß keine Wechselwirkung mit der Pflanze oder Nährlösung ein. Pflanzenwurzeln, die sich in mineralischen Substraten (z. B. Mineralerde) oder (erdlosen) Bodenersatzstoffen ausbilden, neigen generell dazu, mehr Wasser und Nährstoffe aufzunehmen, während Wurzeln, die sich in inerten Substraten entwickeln, fähig sind, diese Aufnahme zu beschränken.
Forschungsergebnisse haben wiederholt gezeigt, dass es bei in Hydrokultur angebauten Pflanzen zu keiner nennenswerten Qualitätsverbesserung und Ertragssteigerung im Vergleich zur Substratkultur kommt. Es wird lediglich unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung getragen. Hydroponische Systeme sind eine gute Alternative, wenn der Anbau in herkömmlichen Systemen schwierig ist, der Gärtner über fundierte Kenntnisse über die grundlegenden Methoden verfügt und weder Zeit noch Kosten scheut, um das System ständig zu überwachen.
Beide Systeme machen sich beim Nährstofftransport das Prinzip des Massenflusses zunutze. Damit Nährstoffe für die Pflanze verfügbar werden, müssen sie in Flüssigkeit (Wasser) gelöst vorliegen. Wenn ein Element freigesetzt oder durch Kationenaustausch abgegeben wird, erfolgt dies in einer flüssigen Matrix, wodurch es für die Pflanze in flüssiger Form verfügbar wird.
Bei der Hydrokultur werden die Nährstoffe permanent in Form einer Nährlösung zugeführt. In organischen Substraten, wie z. B. Mineralerde oder erdlosen Torfmischungen, werden die Nährstoffionen als Reaktion auf ein Ungleichgewicht in die Bodenlösung abgeben, um so das Konzentrationsgleichgewicht zwischen der Bodenfestphase und der Bodenlösung wiederherzustellen. Das Konzentrationsgleichgewicht stellt sich bei beiden Kulturverfahren in unmittelbarer Nähe der Wurzeloberfläche ein, wodurch die Nährelemente mit dem Massenfluss zu den Wurzeln gelangen.
Das Prinzip ist bei beiden Verfahren das Gleiche: Die Nährstoffe müssen in einer Lösung vorliegen, um von der Pflanze aufgenommen werden zu können. Dabei ist auch auf die richtige Zusammensetzung der Nährlösung, die u. a. auf die jeweiligen Bedürfnisse der Pflanze abgestimmt sein sollte, zu achten. Die Nährstoffe müssen auch in der richtigen Form (als Ionen) verfügbar sein, weshalb der pH-Wert so wichtig ist.
Was ist am besten - ein offenes oder ein geschlossenes Anbausystem?
Darauf gibt es keine richtige oder falsche Antwort. Es ist vielmehr eine Frage der Bequemlichkeit. Offene Systeme erfordern weit weniger Aufwand, führen jedoch zu Entsorgungsproblemen.
Bei beiden Systemen ist es wichtig, dass die Pflanze mit allen von ihr benötigten Nährstoffen in der richtigen Menge und im richtigen Verhältnis versorgt wird. Wenn auch nur ein Nährstoff, selbst ein Spurenelement wie Molybdän, in unzureichender Menge zur Verfügung steht, wird bereits das Gleichgewicht gestört, wodurch ein Überschuss an allen übrigen Elementen entsteht und es zu Nährstoffanhäufungen in der Pflanze kommt, die nicht genutzt werden können. Obwohl die Menge an verfügbarem Dünger optimal sein kann, entwickelt sich die Pflanze in der Folge auch langsamer, da der begrenzende Faktor bestimmt, wie viel Dünger die Pflanze aufnehmen kann. Dies führt für gewöhnlich zu Mangelerscheinungen, die sich überall an der Pflanze manifestieren können. Allerdings ist das nicht immer der Fall, wie zum Beispiel, wenn es nur einen Teil eines Prozesses betrifft. (Ein Mangel an Chlor, das bei der Spaltung von Wassermolekülen während der Fotosynthese eine wichtige Rolle spielt, führt zu einem insgesamt verminderten Energiezustand der Pflanze und dadurch zu langsamerem Wachstum.)
Alle zurückbleibenden Nährstoffe wirken sich auf das Verhältnis zwischen den verschiedenen Nährstoffen und damit auf den Gesamtzustand der Pflanze aus. Daher ist es wichtig, diese Überschüsse mittels Drainage aus dem Substrat zu entfernen. Die abfließende Lösung weist nun ein ganz anderes Nährstoffverhältnis auf und sollte dem System nicht wieder zugeführt werden, um Probleme zu vermeiden.
Probleme durch das Drainwasser
Bei Kreislaufsystemen treten die gleichen Probleme durch das Drainwasser auf. Nur wird es hier in einem Nährstoffbecken aufgefangen und danach erneut der Pflanze zugeführt. Beim Durchfluss durch den Wurzelbereich nimmt die Pflanze selektiv jene Elemente auf, die sie benötigt, während sie andere Stoffe und Abfallprodukte an die Lösung abgibt. Dabei nimmt sie nur so viel Wasser auf, wie sie gerade benötigt. Dies führt mit der Zeit zu einem Ungleichgewicht der verfügbaren Nährstoffe, die entweder in unzureichender oder übermäßiger Menge vorhanden sind.
Bei Kreislaufsystemen müssen sowohl der pH-Wert und als auch die Nährstoffkonzentrationen laufend überwacht werden. Um eine optimale Zusammensetzung der Nährlösung zu gewährleisten, sollte der Gärtner die Lösung in regelmäßigen Intervallen messen und die verbrauchten Nährelemente ersetzen. Die Nährstoffbecken müssen auch regelmäßig abgelassen werden, um die sich dort ansammelnden Abfallprodukte zu beseitigen, da die Nährstoffe ansonsten zwar in ausreichenden Mengen vorhanden, aber für die Pflanze nicht direkt zugänglich sind.
Es liegt in der Natur der Sache, dass optimale Erträge optimale Bedingungen voraussetzen. Das Anbauverfahren sollte den Bedürfnissen der Pflanze entsprechen: Wasserpflanzen gedeihen am besten in einer feuchten Umgebung, während Trockenheit liebende Pflanzen ein Substrat bevorzugen, das trockener gehalten wird. Für welches System Sie sich entscheiden, hängt aber auch von Ihrer jeweiligen Vorlieben und Anforderungen ab. Die Bedürfnisse der Pflanze sollten jedoch immer an erster Stelle stehen. Die ideale Anbaumethode eine Kombination aus dem, was die Pflanze benötigt, und dem, was der Gärtner selbst in petto hat.