Gärtner*innen passen ihre Anbaubedingungen seit Jahrtausenden gezielt an, um bestimmte Pflanzenverhalten zu fördern. ‚Plant Steering‘ ist kein neues Konzept, doch Anbauerinnen entwickeln den Einsatz dieser Umweltsteuerungs-Tools kontinuierlich weiter.

Vegetative Pflanzensteuerung

Die vegetative Steuerung fördert langes, üppiges Pflanzenwachstum und Zellvergrößerung. Dies zeigt sich in der Produktion von Blättern, Stängeln und Wurzeln während der vegetativen Wachstumsphase. Wird die Pflanze auch während der Blütezeit vegetativ gesteuert, kann sich dies in einem höheren Ertrag an Blüten und Früchten mit höherem Wassergehalt äußern.

Züchter*innen können dieses Wachstum unterstützen, indem sie ihren Pflanzen eine höhere Luftfeuchtigkeit, warme Temperaturen und einen niedrigeren EC-Wert im Substrat bieten. Es sollte vermieden werden, dass das Substrat zu „salzhaltig“ wird, da dies die Pflanze stresst und vegetatives Wachstum hemmt. Für üppiges Wachstum empfiehlt es sich, die Wurzelzone länger feucht zu halten oder die Trockenphase („Dryback“) kürzer zu gestalten.

Messung der Trocknungsphasen

Die Länge der Trockenphase kann durch Messung des Wassergehalts im Substrat bestimmt werden. Viele Züchter*innen messen den volumetrischen Wassergehalt (VWC), also das Verhältnis des Wasservolumens zum Volumen des Substrats. Alternativ lässt sich der Wassergehalt auch über das Gewicht messen. Einfach ausgedrückt kann man den Behälter anheben und spüren, wann das Gewicht etwa 50 % von der vollen Sättigung direkt nach dem gießen erreicht – ein Indikator dafür, dass es Zeit zum Gießen ist. Dieses Vorgehen wird oft als „50 %-Regel“ bezeichnet.

Generative Pflanzensteuerung

Die generative Steuerung belastet Pflanzen tendenziell stärker und reduziert die Zellvergrößerung, was zu einer geringeren Pflanzenlänge und kleineren Blättern führt. Theoretisch können diese Stressreaktionen jedoch auch positive Effekte haben, wie eine dichtere Blütenbildung („flower stacking“) und geschmacksintensivere, konzentrierte Blüten und Früchte – diese Vorteile sind jedoch noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion.

Wird die generative Steuerung in der späten Blütephase angewendet, kann sie die Reifung der Erträge fördern und die Aromen verstärken. Züchter*innen können dieses Wachstum unterstützen, indem sie die Luftfeuchtigkeit senken, die Lichtintensität erhöhen und den EC-Wert im Wurzelbereich steigern.

Image
Wie man alle Werkzeuge im Werkzeugkasten für die Pflanzensteuerung nutzt
Die Erhöhung des EC im Wurzelbereich, wie rechts gezeigt, erzeugt einen kleineren osmotischen Gradienten zwischen der Nährstoffkonzentration im Medium und den Wurzelzellen. Ein niedrigerer Gradient führt dazu, dass Wasser langsamer vom Substrat in die Wurzelzellen übergeht, was typisch für die generative Steuerung ist. Im Gegensatz dazu zeigt das Foto links den Wurzelbereich während der vegetativen Steuerung, bei dem der osmotische Gradient zwischen dem Wurzelbereich und den Wurzelzellen größer ist, was den Wassertransport in die Wurzelzellen erleichtert.

Grower*innen können den EC-Wert im Wurzelbereich erhöhen, indem sie die Düngermenge steigern und/oder die Trockenphasen („Drybacks“) – also die Intervalle zwischen den Bewässerungen – verlängern. Beide Maßnahmen führen dazu, dass sich Nährstoffe im Substrat anreichern und der Wurzelbereich saurer wird, wodurch die Pflanze effektiv gestresst und die Wasseraufnahme weiter reduziert wird.

Die Wurzelhaarzellen sind darauf spezialisiert, eine hohe Konzentration an gelösten Stoffen zu haben, um Wasser durch Osmose aufzunehmen. Wenn jedoch der EC-Wert im Wurzelbereich ebenfalls hoch ist, wie es bei der generativen Steuerung der Fall ist, verringert sich der osmotische Gradient zwischen Wurzelzone und Wurzelzellen. Dadurch nehmen die Pflanzen Wasser langsamer auf.

Theoretisch ist CANNAs PK 13/14, das nur für ein 7- bis 10-tägiges Zeitfenster während der generativen Phase eingesetzt wird, eine Möglichkeit den EC-Wert im Wurzelbereich während der Blüte zu erhöhen.

Image
Wie man alle Werkzeuge im Werkzeugkasten für die Pflanzensteuerung nutzt
Der osmotische Gradient, der Wasser durch die Pflanzenwurzeln zieht, wirkt sich auch auf die gesamte Pflanze aus. Die Nährstoffkonzentration im Blatt muss niedriger sein als in der Wurzel, damit ein ausreichender Gradienten entsteht, der der Pflanze ermöglicht, Wasser aus den Wurzeln bis zu den Blättern zu ziehen. Wenn Wasser durch die Spaltöffnungen (Stomata) verdunstet, entsteht ein „Zug“ auf die Wassersäule in den Xylemgefäßen, wodurch Wasser aufgrund des osmotischen Gradienten von den Wurzeln nach oben gezogen wird. Ebenso muss für die Transpiration die Konzentration in der Atmosphäre niedriger sein als im Blatt, damit Wasser aus den Blättern verdunsten kann.

Verwende Steuerungswerkzeuge entsprechend deiner Ziele

Sobald du verstehst, wie Entscheidungen in Bezug auf Umgebung, Bewässerung und Düngung das Pflanzenwachstum beeinflussen, liegt es an dir zu entscheiden, wie das Wachstum in bestimmten Entwicklungsphasen gelenkt werden soll.

Viele bevorzugen es, in der späten vegetativen Phase generativ zu steuern, um die Blütenbildung zu fördern, bevor sie wieder auf vegetatives Steuern umstellen, damit Blüten und Früchte größer werden. Andere steuern während der vegetativen Wachstumsphase ausschließlich vegetativ und wechseln erst in der generativen Phase zur generativen Steuerung. Wieder andere halten die Bedingungen während des gesamten Produktionszeitraums konstant, um den Anbau zu vereinfachen.

Es gibt kein richtig oder falsch bei der Pflanzenproduktion – denn alles hängt von den individuellen Zielen und Möglichkeiten ab. Wichtig ist jedoch, sich gut mit dem Einfluss der Umwelt auf die Pflanzenentwicklung auszukennen, das Wachstum genau zu beobachten und die Bedingungen nach Bedarf anzupassen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Und wie immer: Bei Fragen steht dir das CANNA-Team gerne zur Seite.

Stichworte :